Cyberangriffe „Made in Schweiz“

Die unterschätzte Gefahr im Netz

Lesezeit:        5 Min.
Publikation:    11. November 2025, Jessy Thür

In Zeiten der zunehmenden Digitalisierung wird die Schweiz allenfalls als sicherer Hafen betrachtet – doch genau in diesem vermeintlich geschützten Umfeld wächst die Gefahr durch Cyberangriffe rasant. Die Gefahr ist real, gut dokumentiert und doch vielfach unterschätzt. Im Folgenden beleuchten wir, warum gerade die Schweiz ins Visier von Cyberkriminellen gerät, welche Sektoren besonders betroffen sind ­– und was jede Person und jedes Unternehmen dagegen tun sollte.

maskierter Mann mit Laptop

Warum gerade die Schweiz gefährdet ist

Die Schweiz verfügt über einen stabilen Finanz- und Technologiesektor, eine hohe Qualität in der digitalen Infrastruktur sowie zahlreiche international tätige Firmen – sie ist damit ein attraktives Ziel für Cyberkriminelle. Laut einem Bericht von Check Point Research (CPR) verzeichnete die Schweiz im ersten Quartal 2025 durchschnittlich 1’279 Angriffe pro Woche und Organisation – ein Anstieg von 113 % gegenüber dem Vorjahresquartal.

Auch Phishing-Versuche haben laut Kaspersky im Jahr 2024 stark zugenommen – rund 6,7 Millionen Versuche wurden in der Schweiz registriert.

Zudem zeigt eine Studie von Mastercard, dass rund 24 % der Schweizer KMU bereits Opfer von Betrug oder Cyberangriffen geworden sind.
 
All diese Zahlen unterstreichen: Cyberangriffe sind keineswegs nur ein globales Problem – auch hierzulande ist die Bedrohung hoch.

Welche Folgen drohen

Cyberangriffe können vielfältige Folgen haben. Für Unternehmen gelten etwa:
  • Datenverlust oder Datendiebstahl – etwa bei Identitäts- und Finanzangriffen.
  • Betriebsunterbrechung oder Produktionsausfall – gerade für die Industrie oder den Finanzsektor problematisch.
  • Reputations- und Vertrauensverlust bei Kunden und Partner.
  • Finanzieller Schaden – etwa durch Erpressung oder Betrug.
    Beispiel: Die Mastercard-Studie zeigt, dass 16 % der befragten Schweizer KMU infolge eines Angriffs Kunden verloren haben – ein deutlich über dem europäischen Durchschnitt liegender Wert.
    Ein weiteres Beispiel: Beim Betrugs- und Phishing-Monitoring wurden in der Schweiz Hunderttausende Versuche aufgezeichnet – Hinweise, dass Angreifer gezielt vorgehen.

Besonders gefährdete Sektoren

Laut der CPR-Auswertung waren im ersten Quartal 2025 in der Schweiz besonders betroffen:
  • Bildungseinrichtungen mit durchschnittlich 4'484 Angriffen pro Woche und Organisation – Anstieg um ca. 73 %.
  • Regierungsorganisationen mit rund 2’678 Angriffen pro Woche – +51 %.
  • Telekommunikationsunternehmen mit etwa 2’664 Angriffen pro Woche – Anstieg um 94 %. Auch der Finanz- und Industriesektor war bereits in früheren Jahren stark betroffen: 2022 stiegen die wöchentlichen Angriffe im Finanzwesen in der Schweiz um 120 % gegenüber dem Vorjahr – im Durchschnitt 623 Attacken pro Organisation und Woche.
Diese Daten zeigen: Nicht nur Grossunternehmen, sondern auch Bildungs-, Verwaltungs- und KMU-Strukturen sind im Fokus.

Warum wird die Gefahr oft unterschätzt

Mehrere Gründe führen dazu, dass Cyberangriffe in der Schweiz oft nicht mit der nötigen Aufmerksamkeit behandelt werden:
  • Der Mythos: „Wir sind neutral, wir sind sicher“ – viele gehen davon aus, dass die Schweiz weniger gefährdet sei.
  • Mangelnde Wahrnehmung: Obwohl Umfragen zeigen, dass Schweizer*innen Phishing-Mails auf einer Skala von 1–10 mit 6,9 als grosse Gefahr einstufen.
  • Fehlende Ressourcen bei KMU: Viele kleine und mittlere Unternehmen unterschätzen das Thema oder verfügen nicht über ausreichend technische Expertise.
  • Komplexität von Angriffen: Cyberangriffe sind nicht mehr nur einfache Phishing-Mails – es geht um gezielte Identitäts-Angriffe, Ransomware, „Fake-Updates» etc.

Was kann getan werden? – Handlungsempfehlungen

Für Organisationen und Unternehmen:
  • Regelmässige Software-Updates sowie Nutzung von modernen Sicherheitslösungen.
  • Einsatz von Zwei-Faktor-Authentifizierung (2FA) und strikte Zugriffsverwaltung.
  • Sensibilisierung der Mitarbeitenden durch Schulungen zu Phishing und Social Engineering.
  • Erstellung eines Notfallplans für Cybervorfälle (Incident Response).
  • Sicherheitsarchitektur überprüfen – insbesondere in KMU die Verantwortung klar regeln.
Für Privatpersonen:
  • Vorsicht bei E-Mails, Links und Anhängen – speziell bei unerwarteten oder verdächtigen Nachrichten.
  • Nutzung von starken und individuellen Passwörtern sowie Passwort-Manager.
  • Zwei-Faktor-Authentifizierung (2FA) aktivieren, wo immer möglich.
  • Regelmässiges Backup wichtiger Daten sowie Nutzung von Anti-Malware-Lösungen.
  • Verhalten reflektieren: Im digitalen Alltag ist Vorsicht kein Luxus – sondern nötig.

Die unterschätzte Gefahr

Die Schweiz mag auf den ersten Blick geschützt scheinen – doch die Realität zeigt ein anderes Bild: Cyberkriminelle richten ihren Fokus gezielt auf Schweizer Unternehmen, Institutionen und Privatpersonen. Ein Anstieg der Angriffe um über 100 % im Vergleich zum Vorjahr, Millionen Phishing-Versuche und hohe Verlustraten bei KMU sind eindrucksvolle Warnsignale.

Der Schlüssel liegt nicht nur in technischer Verteidigung, sondern vor allem auch in Bewusstsein, Sensibilität und Handlung. Wenn wir die Gefahr ernst nehmen und proaktiv handeln, können wir die Schweiz nicht nur digital effizient, sondern auch sicher gestalten.

Bitte beachten Sie, dass alle Angaben ohne Gewähr sind und Änderungen vorbehalten bleiben. Wir empfehlen, aktuelle Informationen direkt auf den jeweiligen Webseiten einzusehen.

«digitaljournal.ch»

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