Die neue e-ID in der Schweiz

Chancen, Risiken und Bedeutung für die digitale Zukunft


Lesezeit:            5 Min.
Publikation:       30. September 2025, Jonathan Schönholzer

Die Schweiz befindet sich mitten in einem wichtigen Schritt der Digitalisierung: der Einführung einer staatlich anerkannten elektronischen Identität, kurz e-ID. Nach intensiven politischen Diskussionen und einer Volksabstimmung hat sich die Schweizer Bevölkerung für ein neues Modell entschieden, das im Gegensatz zu früheren Vorschlägen vom Staat selbst betrieben wird. Damit soll Vertrauen geschaffen werden, ein entscheidender Faktor, wenn es um digitale Identität geht.


Warum eine e-ID?

Immer mehr Lebensbereiche verlagern sich ins Digitale. Ob Online-Banking, Steuererklärungen, Versicherungen oder das Beantragen offizieller Dokumente: Eine sichere und verlässliche digitale Identität erleichtert den Zugang zu Dienstleistungen erheblich. Heute existieren bereits zahlreiche Login-Lösungen, doch sie sind fragmentiert, teils unsicher und oft nicht staatlich anerkannt.

Mit der e-ID möchte die Schweiz einen einheitlichen, rechtsverbindlichen Standard schaffen, der nicht nur die Verwaltung modernisiert, sondern auch die private Wirtschaft unterstützt. Ein Beispiel: Wer eine Wohnung online mieten oder einen Mobilfunkvertrag abschliessen möchte, könnte künftig seine Identität über die e-ID bestätigen, schnell, digital und ohne Papierkram.

Lektionen aus der Vergangenheit

Bereits 2021 wurde eine e-ID an der Urne abgelehnt. Damals war vorgesehen, dass private Anbieter wie Banken oder Versicherungen das System betreiben. Viele Bürgerinnen und Bürger hatten jedoch Bedenken, ob ihre Daten dort wirklich sicher sind.

Die neue Lösung setzt deshalb konsequent auf staatliche Verantwortung. Der Bund übernimmt, durch das Bundesamt für Polizei (fedpol), den Betrieb, während strenge Datenschutzstandards gelten. So soll verhindert werden, dass persönliche Informationen zu kommerziellen Zwecken genutzt oder weitergegeben werden.

Eine knappe Entscheidung

Die Abstimmung vom 28. September 2025 zeigte, wie umstritten die e-ID in der Bevölkerung weiterhin ist. Bis zur Auszählung des letzten Kantons Zürich blieb unklar, ob die Vorlage angenommen wird. Mit 50,4 Prozent Ja-Stimmen, gerade einmal 21'266 Stimmen Unterschied, fiel das Resultat denkbar knapp aus, obwohl Umfragen im Vorfeld von einer komfortablen Zustimmung ausgingen. Politikwissenschafter Lukas Golder erklärte gegenüber SRF, dass die Mobilisierung auf dem Land, insbesondere durch die parallel abgestimmte Vorlage zur Abschaffung des Eigenmietwerts, eine konservative Wählerschaft zusätzlich an die Urnen gebracht habe. Diese habe sich mehrheitlich gegen die e-ID ausgesprochen.

Während des Abstimmungskampfs dominierten vor allem Fragen des Datenschutzes und ein gewachsenes Misstrauen gegenüber staatlichen Eingriffen, verstärkt durch Erfahrungen aus der Corona-Zeit. Justizminister Beat Jans kündigte nach der Abstimmung an, die Bedenken ernst zu nehmen, zugleich aber konsequent an der digitalen Identität weiterzuarbeiten.

Wie funktioniert die e-ID?

Die technische Umsetzung basiert auf modernen Sicherheitsstandards. Die e-ID wird in digitaler Form, beispielsweise über eine App, bereitgestellt. Bürgerinnen und Bürger können sie bei Bedarf nutzen, müssen es aber nicht. Die Nutzung bleibt freiwillig.

Wenn ein Dienstanbieter, etwa eine Online-Plattform oder ein Amt, die Identität verifizieren möchte, erfolgt dies über eine verschlüsselte Anfrage an das staatliche System. Dabei werden nur die nötigen Informationen übermittelt, zum Beispiel die Bestätigung, dass jemand über 18 Jahre alt ist, ohne dass alle persönlichen Daten offengelegt werden.

Dieses Prinzip der Datensparsamkeit ist zentral: So wird gewährleistet, dass Bürgerinnen und Bürger die Kontrolle über ihre eigenen Daten behalten.

Chancen für die Schweiz

Die Einführung der e-ID eröffnet zahlreiche Perspektiven:

  • Effizienz in der Verwaltung: Viele amtliche Aufgaben, wie die Arbeit des Bundesamts für Informatik und Telekommunikation (BIT), können digitalisiert werden, was Zeit und Kosten spart.

  • Impulse für die Wirtschaft: Unternehmen können ihre Prozesse vereinfachen und neue digitale Geschäftsmodelle entwickeln.

  • Internationale Wettbewerbsfähigkeit: Mit einer vertrauenswürdigen digitalen Identität positioniert sich die Schweiz als innovativer Standort.

  • Stärkung des Vertrauens: Die staatliche Verantwortung könnte dazu beitragen, dass Bürgerinnen und Bürger digitale Dienste aktiver nutzen.

Herausforderungen und offene Fragen

Natürlich gibt es auch Hürden. Einerseits müssen technische Systeme absolut zuverlässig sein, ein Datenleck oder Missbrauchsfall würde das Vertrauen massiv beschädigen. Andererseits muss sich zeigen, wie viele Menschen die e-ID tatsächlich nutzen werden. Erfahrung aus anderen Ländern zeigt: Die Akzeptanz hängt stark davon ab, wie einfach und nützlich die Anwendung im Alltag ist.

Ein weiterer Punkt betrifft die digitale Inklusion. Nicht alle Menschen sind technisch versiert oder haben Zugang zu modernen Geräten. Es braucht also ergänzende Angebote, um niemanden auszuschliessen.

Die neue e-ID ist mehr als ein technisches Projekt, sie ist ein gesellschaftlicher Meilenstein. Sie kann die Grundlage für eine moderne, vernetzte und vertrauenswürdige digitale Schweiz schaffen. Entscheidend wird sein, wie der Staat Sicherheit, Benutzerfreundlichkeit und Datenschutz in Einklang bringt. Wenn dies gelingt, könnte die e-ID in wenigen Jahren zu einem selbstverständlichen Bestandteil unseres digitalen Alltags werden.

Bitte beachten Sie, dass alle Angaben ohne Gewähr sind und Änderungen vorbehalten bleiben. Wir empfehlen, aktuelle Informationen direkt auf den jeweiligen Webseiten einzusehen.

Bildquelle: PublicDomainPictures via Pixabay

«digitaljournal.ch»

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