Leben nach dem Leben: Was passiert mit deinen Daten?
Erben in der digitalen Ära: Was bleibt von deinem Online-Leben?
Lesezeit: 4 Min.
Publikation: 25.September 2025, Jessy Thür
Wir leben in einer digitalen Welt. Täglich hinterlassen wir Spuren im Internet, sei es über soziale Netzwerke, E-Mail-Konten, Onlinebanking oder Cloud-Dienste. Doch was passiert mit all diesen Daten, wenn ein Mensch stirbt? Können Angehörige darauf zugreifen? Welche Rechte haben Erben? Diese Fragen berühren das Thema des sogenannten digitalen Erbes, das in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat.
Was zählt zum digitalen Erbe?
Zum digitalen Erbe gehören alle digitalen Spuren und Vermögenswerte, die eine verstorbene Person hinterlässt. Dazu zählen unteranderem:- E-Mail-Konten (z. B. Bluewin, Gmail)
- Profile auf sozialen Netzwerken (Instagram, Facebook, LinkedIn, TikTok)
- Cloud-Dienste (iCloud, Google Drive, Dropbox)
- Abonnements (Netflix, Spotify, Swisscom TV)
- Onlinebanking und Zahlungsmittel (TWINT, PayPal)
- Kryptowährungen (Bitcoin, Ethereum)
- Eigene Webseiten, Blogs oder Online-Shops
- Digitale Verträge (z. B. für Mobilfunk, Streaming oder Versicherungen)
Rechtliche Grundlagen in der Schweiz
In der Schweiz ist das digitale Erbe grundsätzlich Teil des gesetzlichen Nachlasses. Nach Artikel 560 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) gehen mit dem Tod alle Rechte und Pflichten, also auch Verträge und Vermögenswerte, auf die Erben über. Das gilt auch für digitale Inhalte, soweit sie einen vermögensrechtlichen oder persönlichen Wert haben.Allerdings gibt es keine spezielle gesetzliche Regelung zum digitalen Nachlass. Viele Fragen, etwa zum Datenschutz oder zur Zugriffsbeschränkung durch Plattformbetreiber, sind rechtlich bisher nicht abschliessend geklärt. Besonders bei internationalen Plattformen wie Google oder Facebook gelten oft deren eigene Richtlinien, die nicht zwingend mit dem Schweizer Erbrecht übereinstimmen.
Praktische Herausforderungen
Die Verwaltung eines digitalen Erbes ist häufig mit Schwierigkeiten verbunden:- Fehlender Zugang: Ohne Passwörter oder Zwei-Faktor-Authentifizierung ist der Zugriff auf Konten meist nicht möglich.
- Keine Übersicht: Angehörige wissen oft nicht, welche Konten oder Dienste der Verstorbene überhaupt genutzt hat.
- Datenschutzkonflikte: Plattformen berufen sich oft auf Datenschutzbestimmungen und lehnen die Herausgabe von Daten an Erben ab.
- Internationale Anbieter: Viele Dienste unterliegen ausländischem Recht, was Ansprüche aus der Schweiz erschwert.
Was du zu Lebzeiten tun kannst
Es ist sinnvoll, frühzeitig Massnahmen zu ergreifen, um den digitalen Nachlass zu regeln, nicht nur aus rechtlichen, sondern auch aus emotionalen Gründen.Hier einige Tipps:
- Bestandsaufnahme machen: Erstelle eine Liste mit allen wichtigen Konten, Abos, Geräten, Passwörtern und digitalen Vermögenswerten. Diese sollte regelmässig aktualisiert werden.
- Passwörter sicher hinterlegen: Nutze einen Passwortmanager mit Notfallzugang oder sichere deine Zugangsdaten verschlüsselt (z. B. in einem Tresor oder bei einem vertrauenswürdigen Notar).
- Verfügung zum digitalen Nachlass erstellen: Du kannst eine eigene Verfügung aufsetzen, in der du festlegst, was mit deinen digitalen Daten passieren soll, zum Beispiel wer auf dein E-Mail-Konto zugreifen darf oder ob deine Social-Media-Profile gelöscht oder in einen Gedenkzustand versetzt werden sollen.
- Digitale Nachlassverwalter benennen: Ernenne eine Vertrauensperson, die sich im Todesfall um deine digitalen Angelegenheiten kümmert. Diese Person kann auch im Testament erwähnt werden.
- Tools der Anbieter nutzen: Facebook ermöglicht es, einen Nachlasskontakt zu bestimmen. Auch Google ermöglicht über den Kontoinaktivitäts-Manager, festzulegen, was mit dem Konto passiert, wenn es längere Zeit nicht genutzt wird.
Wer vorsorgt, schützt seine Liebsten
Das digitale Erbe ist kein Zukunftsthema mehr, es betrifft uns alle schon heute. Wer sich frühzeitig damit beschäftigt, verhindert nicht nur rechtliche und technische Hürden, sondern erleichtert seinen Angehörigen den Umgang mit einer ohnehin belastenden Situation. Ob durch eine einfache Liste oder eine rechtlich verbindliche Verfügung. Eine klare digitale Nachlassregelung ist ein Akt der Verantwortung und eine Form von digitaler von digitaler Selbstbestimmung über den Tod hinaus.Rechtliche Unterstützung zum digitalen Nachlass finden Sie auf help.ch.
Bitte beachten Sie, dass alle Angaben ohne Gewähr sind und Änderungen vorbehalten bleiben. Wir empfehlen, aktuelle Informationen direkt auf den jeweiligen Webseiten einzusehen.
Quellen:
- Stadt Zürich – Merkblatt Digitaler Nachlass
Bildquelle: Freepik
«digitaljournal.ch»
Kommentare
Kommentar veröffentlichen