Regulierung in der digitalen Schweiz
Zwischen Innovation und Regulierung
Publikation: 19. September 2025, Jonathan Schönholzer
Digitalisierung als Staatsaufgabe
Im Zentrum der Strategie stehen Themen wie künstliche Intelligenz, Cybersicherheit, Datenschutz sowie die digitale Verwaltung. Die Schweiz verfolgt dabei einen eigenständigen Ansatz, der sich deutlich von dem anderer Staaten unterscheidet. Während die Europäische Union mit dem „AI Act“ ein umfassendes Regelwerk für künstliche Intelligenz eingeführt hat, setzt der Bundesrat bewusst auf einen risikobasierten Zugang. Das bedeutet: Statt eine einheitliche Regulierung für alle KI-Anwendungen zu schaffen, sollen gezielt dort Regeln gelten, wo Grundrechte gefährdet sind, etwa bei Diskriminierung durch algorithmische Entscheidungen oder beim Umgang mit sensiblen Daten. Dieser differenzierte Ansatz soll sicherstellen, dass Innovation nicht durch Überregulierung ausgebremst wird und gleichzeitig der Schutz von Individuen gewährleistet bleibt.
Auch im Bereich Datenschutz geht die Schweiz eigene Wege. Das revidierte Datenschutzgesetz, das seit 2023 in Kraft ist, gilt als technologieneutral und findet auch bei KI-Systemen Anwendung. Unternehmen wie die SBB oder die PostFinance, die zunehmend datengetriebene Services anbieten, müssen sicherstellen, dass ihre Anwendungen transparent sind und die Rechte der Nutzer gewahrt bleiben. Besonders im Bereich der automatisierten Entscheidungsfindung, etwa bei der Kreditvergabe oder beim Ticket-Scoring, sind Unternehmen verpflichtet, nachvollziehbare Prozesse zu schaffen. Betroffene sollen verstehen können, wie ein System zu einer Entscheidung gelangt ist, und unter Umständen auch Widerspruch einlegen können.
Digitale Verwaltung und Open Source als Zukunftsmodell
Ein weiterer Schwerpunkt der Digitalstrategie liegt in der öffentlichen Verwaltung. Die Schweizer Bundesverwaltung setzt zunehmend auf digitale Lösungen, etwa im Bereich der elektronischen Identität oder der Online-Dienstleistungen für Bürger. Gleichzeitig wird der Einsatz von Open-Source-Software aktiv gefördert, nicht nur aus Kostengründen, sondern auch, um Transparenz und Unabhängigkeit gegenüber grossen Technologiekonzernen zu stärken. Das Eidgenössische Finanzdepartement plant, künftig verstärkt auf Open-Source-Lösungen zu setzen, um langfristig flexibler und sicherer zu agieren.
Cyberrisiken und der Faktor Vertrauen
Doch Digitalisierung bedeutet nicht nur Chancen, sondern auch Verantwortung. Die zunehmende Vernetzung macht die Schweiz anfälliger für Cyberangriffe, was zu einem wachsenden Bedarf an Schutzmassnahmen führt. Entsprechend hoch ist der Stellenwert von Informationssicherheit, nicht nur im öffentlichen Sektor, sondern auch in der Privatwirtschaft. Firmen wie Swisscom investieren gezielt in den Ausbau ihrer Sicherheitsinfrastrukturen, um sowohl sich selbst als auch ihre Kunden vor Angriffen zu schützen.
Die Schweiz befindet sich also an einem entscheidenden Punkt: Sie muss digitale Innovationen aktiv fördern und gleichzeitig dafür sorgen, dass technologische Entwicklungen im Einklang mit demokratischen Werten und gesellschaftlichem Vertrauen stehen. Der Weg des Bundesrates zeigt, dass Regulierung kein Widerspruch zur Innovationskraft sein muss, im Gegenteil: Eine klare, faire und risikoangepasste Steuerung digitaler Technologien kann zum echten Standortvorteil werden.
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Bildquelle: Conny Schneider via Unsplash
«digitaljournal.ch»
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