Private 5G-Netzwerke in der Schweiz

Der stille Motor der digitalen Industrie


Lesezeit:            4 Min.
Publikation:       20. Oktober 2025, Jonathan Schönholzer


Die Schweiz gilt seit Jahren als technologisch fortschrittliches Land, mit einer starken Industrie, hochentwickelter Forschung und stabiler Infrastruktur. Während der öffentliche 5G-Ausbau viel Aufmerksamkeit auf sich zieht, entsteht im Hintergrund eine Revolution, die weniger sichtbar, aber strategisch noch bedeutender ist: Private 5G-Netzwerke, auch Campus- oder Industrienetze genannt.

Diese Netzwerke sind massgeschneiderte, lokale 5G-Infrastrukturen, die Unternehmen, Hochschulen oder Institutionen selbst betreiben können, unabhängig vom öffentlichen Mobilfunknetz. Ziel ist es, maximale Kontrolle, Sicherheit und Zuverlässigkeit für hochsensible Anwendungen zu gewährleisten.

Spektrum für Innovation: Schweiz als Vorreiter

Die Eidgenössische Kommunikationskommission hat bereits früh erkannt, wie wichtig private Mobilfunknetze für die Zukunft der Industrie sind. Im Frequenzbereich 3,4 bis 3,5 GHz steht in der Schweiz seit 2022 Spektrum speziell für solche privaten 5G-Netze zur Verfügung. Unternehmen können Lizenzen direkt beantragen und ihre eigenen Netze aufbauen, ohne von den grossen Telekom-Betreibern abhängig zu sein.

Damit ist die Schweiz eines der ersten Länder Europas, das eine klare regulatorische Grundlage für private 5G-Anwendungen geschaffen hat. Das schafft Planungssicherheit und fördert Investitionen in digitale Transformation, insbesondere in Branchen wie Fertigung, Energie, Logistik oder Forschung.

Anwendungen: Vom Smart Factory bis zum autonomen Lager

Die Anwendungsfelder privater 5G-Netze sind vielfältig und reichen weit über klassische Kommunikation hinaus. In der Industrie 4.0 ermöglichen sie eine vollständig vernetzte Produktion, Maschinen, Roboter und Sensoren kommunizieren in Echtzeit. Das führt zu höherer Effizienz, besserer Wartung und weniger Ausfallzeiten.

In der Logistik wiederum erlaubt ein privates 5G-Netz den Betrieb autonomer Fahrzeuge in geschlossenen Arealen oder die präzise Ortung von Gütern im Lager. Auch Forschungsinstitute und Universitäten, wie die HSG (Universität St. Gallen), nutzen 5G-Campusnetze, um neue Technologien wie Drohnensteuerung, Virtual-Reality-Simulationen oder smarte Energieversorgung zu erproben.

Ein Beispiel aus der Praxis ist das erste private 5G-Netzwerk der Schweiz, das 2023 von Industry Fusion in Betrieb genommen wurde. Es verbindet Maschinen und Steuerungssysteme in einer Produktionshalle, um Fertigungsprozesse autonom und in Echtzeit zu optimieren, ein Meilenstein für die vernetzte Industrie.

Vorteile gegenüber WLAN und öffentlichem 5G

Im Vergleich zu WLAN bieten private 5G-Netze eine deutlich höhere Zuverlässigkeit, geringere Latenzzeiten und grössere Reichweite. Gleichzeitig behalten Unternehmen die vollständige Datenhoheit, ein entscheidender Faktor bei sensiblen Produktionsdaten.

Im Gegensatz zu öffentlichen 5G-Netzen lassen sich private Netzwerke exakt an betriebliche Anforderungen anpassen: von Bandbreite und Priorisierung bestimmter Geräte bis hin zu Sicherheitszonen und Zugangsbeschränkungen.

Herausforderungen und Zukunftsausblick

So vielversprechend die Technologie ist, sie bringt auch Herausforderungen mit sich. Der Aufbau eines privaten 5G-Netzes ist komplex: Er verlangt technisches Know-how, Investitionen in Infrastruktur und eine sorgfältige Integration in bestehende IT-Systeme. Zudem herrscht in der Schweiz wie in vielen Ländern ein Fachkräftemangel im Bereich Mobilfunk-Engineering und Cybersecurity.

Trotzdem ist das Potenzial enorm. Private 5G-Netze werden in den kommenden Jahren eine zentrale Rolle in der Digitalisierung der Schweizer Wirtschaft spielen. Sie verbinden die Präzision und Zuverlässigkeit der Industrie mit der Flexibilität moderner Kommunikationstechnologien, und machen aus der vernetzten Fabrik keine Zukunftsvision mehr, sondern gelebte Realität.

Private 5G-Netzwerke sind der nächste logische Schritt auf dem Weg zu einer vollständig vernetzten Wirtschaft. Die Schweiz zeigt dabei, wie Regulierung, Innovation und Industriepartnerschaften zusammenwirken können, um aus einer Technologie ein echtes Zukunftsmodell zu machen, leise, effizient und mit typisch schweizerischer Präzision.

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«digitaljournal.ch»


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