Dark Patterns: Was steckt dahinter?

Wie manipulatives Design unser Online-Verhalten beeinflusst 

Lesezeit:        4 Min.
Publikation:    16. Dezember 2025, Jessy Thür

Der Begriff Dark Pattern bezeichnet bewusste Design‑ und Nutzerführungstricks auf Websites und Apps, mit denen Anbieter Nutzer dazu bringen, Entscheidungen zu treffen, die sie eigentlich nicht treffen wollten, etwa unnötig viel auszugeben, persönliche Daten preiszugeben oder ein Abo abzuschliessen.

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Dark Patterns sind kein technisches Versehen, sondern strategisch eingesetzte Mustervorlagen. Wie bei einer Absicht: Die Gestaltung ist so gewählt, dass sie psychologische Mechanismen (zum Beispiel Dringlichkeit, Gruppenzwang, Default‑Bias) ausnutzt und damit das Verhalten der Nutzer beeinflusst.

Häufige Tricks und woran du sie erkennst

Hier sind einige der gängigsten Praktiken, die oft in Online‑Shops auftauchen:
  • Countdown‑Timer / künstliche Dringlichkeit: Häufig sieht man Hinweise wie „Nur noch 2Stunden gültig! oder Letzte Chance. Diese erzeugen Druck und verleiten viele dazu, spontan zu kaufen, aus Furcht, das Angebot zu verpassen.

  • Versteckte (Zusatz‑) Kosten oder Bedingungen: Manche Shops zeigen den wahren Gesamtpreis erst ganz am Ende des Bestellprozesses, etwa Versandkosten oder Abo‑Fallen, die vorher nicht klar waren.

  • „Sneak into Basket“: Es werden Produkte oder zusätzliche Kosten heimlich in den Warenkorb gelegt, ohne ausdrücklich nach Zustimmung zu fragen. Oder zumindest so, dass es leicht übersehen wird.

  • Aggressive Pop‑ups / „Nagging“: Wiederholte Aufforderungen, sich anzumelden, ein Konto zu erstellen, Newsletter zu abonnieren oder Bewertungen abzugeben, oft so platziert, dass man sie mühsam wegklicken muss. 
All diese Mechanismen zielen darauf ab, unser Entscheidungsverhalten zu beeinflussen, oft ohne, dass wir uns bewusst sind, dass wir manipuliert werden.
 

Wie stark sind Schweizer Verbraucher betroffen?

Eine Recherche der Schweizer Organisation Public Eye gemeinsam mit der Fédération romande des consommateurs (FRC) hat 2022 verschiedene Mode‑Onlinehändler untersucht, darunter bekannte Namen wie Shein, AliExpress, Amazon, Zalando, H&M, Galaxus, Manor und andere. Ergebnis: In allen untersuchten Shops fanden sich Dark Patterns, teils massiv. Besonders negativ auffallend war Shein mit 18 der 20 untersuchten Tricks.

Einige Händler wehrten sich gegen die Vorwürfe: So erklärte Galaxus, der Begriff „Dark Patterns“ werde „einseitig und realitätsfremd“ verwendet; Manor räumte zwar technische Mängel ein, unterstellte jedoch kein absichtliches manipulierendes Web‑Design.

Das zeigt: Selbst in der Schweiz – also auch dort, wo Verbraucher relativ gut informiert sind – sind wir beim Online‑Shopping nicht vor Manipulation geschützt.

Warum solche Designs problematisch sind

Der Einsatz von Dark Patterns kann erhebliche negative Folgen haben:
  • Unfreiwillige Käufe oder übermässiger Konsum: Durch künstliche Dringlichkeit oder versteckte Optionen wird der Konsum angeregt, oft ohne bewusste Entscheidung der Nutzer. Dies kann zu Spontankäufen, unnötigen Ausgaben oder Impulskäufen führen. 

  • Verletzung der Privatsphäre und Datenmissbrauch: Vorausgewählte Newsletter, Tracking, unnötige Datenerfassung oder schwer zu stornierende Abos können dazu führen, dass Nutzer mehr persönliche Daten preisgeben, als sie möchten. 

  • Vertrauensverlust und negative User Experience: Eine Studie zeigte, dass Nutzer, die Dark Patterns ausgesetzt waren, deutlich mehr Ärger und geringeres Vertrauen in die Marke empfanden. 

  • Ungleichgewicht und Risikoverteilung: Besonders Menschen, die wenig Zeit, geringe Digitalkompetenz oder wenig rechtliche Erfahrung haben (zum Beispiel ältere Menschen, junge Erwachsene, Wenig‑Erfahrene), sind stärker gefährdet, manipuliert zu werden. 

Rechtliche und regulatorische Lage auch in der Schweiz

Auf europäischer Ebene versucht sich die Regulierung dem Problem anzunehmen: Der Digital Services Act (DSA) schreibt vor, dass Manipulations‑ oder Täuschungstechniken untersagt sind, wenn sie die freie, informierte Entscheidung der Verbraucher:innen beeinträchtigen. 

In der Schweiz ist die Situation aber weniger klar. So liess der Bundesrat 2024 ein Postulat zum Thema „Dark Patterns“ unbeantwortet mit der Begründung, man könne den internationalen Entwicklungen nicht eindeutig Folgen. Ein Handlungsbedarf bestehe derzeit nicht.

Damit bleibt ein regulatorisches Vakuum – obwohl Verbraucher offenbar ganz realen Risiken ausgesetzt sind.

Was Verbraucher tun können und was passieren müsste

  • Bewusst einkaufen: Achte auf Preise bis zum letzten Schritt, lies die AGB, überdenke voreingestellte Optionen (zum Beispiel Newsletter, Zusatzleistungen) und hinterfrage künstliche Dringlichkeit wie Timer oder „nur noch wenige Stück“.

  • Vergleichen und informieren: Nutze unabhängige Vergleichsportale, Kundenbewertungen, Erfahrungsberichte und bleibe skeptisch bei zu aggressiven Designs.

  • Transparenz einfordern: Schreibe Händler an, fordere klare Preisstruktur, klare Checkout‑Prozesse und echte Opt‑out‑Möglichkeiten (zum Beispiel für Newsletter oder Abos).

  • Verbraucher‑Interessen vertreten: Zivilgesellschaftliche Organisationen und Konsumentenschutz sollten Dark Patterns aktiv benennen und Druck auf Politik und Gesetzgebung ausüben, für klare Regeln und Sanktionen.

Manipulative Designs erkennen und kritisch bleiben

Dark Patterns sind kein harmloses Ärgernis, sondern eine systemische Herausforderung für den Onlinehandel, auch in der Schweiz. Sie untergraben die Autonomie der Verbraucher, erhöhen Konsum und führen zu potenziellen Kosten und Vertrauensverlusten. Gerade angesichts fortschreitender Digitalisierung und wachsender Bedeutung des E‑Commerce ist Transparenz und ein klares Regelwerk notwendig. Solange Anbieter ungestört manipulative Designs einsetzen können und gesetzliche Rahmen fehlen, sind Nutzer gefordert: kritisch, bewusst und aufmerksam zu bleiben.

Bitte beachten Sie, dass alle Angaben ohne Gewähr sind und Änderungen vorbehalten bleiben. Wir empfehlen, aktuelle Informationen direkt auf den jeweiligen Webseiten einzusehen.


«digitaljournal.ch»

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